20. August 2023

Viva España

Spanien ist neuer Fußball-Weltmeister der Frauen. Im Finale der 9. FIFA-WM bezwangen die Spanierinnen Vize-Europameister England mit 1:0 (1:0). Das goldene Tor erzielte Olga Carmona in der 29. Minute. Spanien ist der erste Weltmeister aus Europa seit 2007. Damals hatte sich Deutschland seinen zweiten WM-Titel geholt.

Es war ein letztlich verdienter Sieg der Spanierinnen, die spielerisch überlegen waren. Selbst die häufig wacklige Defensive war diesmal voll auf dem Posten und ließ die Engländerinnen kaum zur Entfaltung kommen. Ein Lattenschuss von Lauren Hemp war die größte Chance des Teams von Sarina Wiegman, die nun ihr zweites WM-Finale in Folge verloren hat. Gerade in der Schlussphase, die um 14 Minuten Nachspielzeit verlängert wurde, schaffte England kaum einen strukturierten Angriff.

Beste Spielerin des Turniers wurde Aitana Bonmati, beste Torhüterin Mary Earps (England), beste junge Spielerin Salma Paralluelo. Die Japanerin Hinata Miyazawa war mit fünf Treffern erfolgreichste Schützin des Turniers.

Michael Rappe

Kommentar: Europa schlägt zurück

Nun ist also Spanien Weltmeister. Noch nie war ein spanisches Team überhaupt ins Halbfinale einer WM gekommen, diesmal holten Aitana Bonmati, Jenni Hermoso und Co. zum großen Schlag aus. Überraschend kommt das nicht, ist Spanien doch seit Jahren eines der erfolgreichstes Nachwuchsteams, in Europa und weltweit. Die U19 wurde erst kürzlich gegen Deutschland Europameister und ist auch amtierender U20-Weltmeister und U17-Weltmeister. Da wird in der Nachwuchsarbeit offenbar sehr viel richtig gemacht.

Europa hat bei dieser stimmungsvollen und hochklassigen WM zum großen Schlag ausgeholt. Auch der dritte Platz ging mit Schweden an ein europäisches Team. Die tapferen „Mathildas“ aus Australien werden sich mit ein bisschen Abstand auch über ihren historischen vierten Platz freuen. Sie haben ein ganzes Land in ihren Bann gezogen. Der große Verlierer ist Amerika. Olympiasieger Kanada scheiterte schon in den Gruppenspielen, die USA, Sieger von 2015 und 2019, flogen im Achtelfinale gegen Schweden raus. Aus Asien gehört nur Japan zur absoluten Weltklasse, China hängt weiterhin weit zurück. Vom afrikanischen Konkurrent überzeugte nur Nigeria, Südamerika musste die große Enttäuschung mit Brasiliens Vorrunden-Aus verkraften. Kolumbien war die Überraschung und scheiterte erst im Viertelfinale.

Was bleibt von dieser WM, die über zwei Millionen Zuschauende in die Stadien von Neuseeland und Australien brachte? Australien sorgte im Halbfinale für die meistgesehene Fernsehsendung seiner Geschichte. Auch in Deutschland waren die Quoten bei den Vormittagsspielen der deutschen Elf sehr gut. Die Begeisterung ist groß. Diese gilt es zu nutzen, auch in Deutschland. Trotz des enttäuschenden Abschneidens mit dem Vorrunden-Aus hat der Frauenfußball hierzulande viel Potenzial. Es müssen nur weitere professionelle Schritte gemacht werden. Die Bundesliga muss ausgeglichener werden, damit die Spitzenklubs mehr gefordert sind. 11:1-Siege nützen niemandem.

Gefordert ist auch der DFB, seinen schwerfälligen Kurs endlich zu verlassen. Neue Köpfe müssen her, am besten weiblich. Aber auch alle Fans des Frauenfußballs sind gefordert. Geht in die Stadien – nicht nur in der Bundesliga – und schaut Euch die Spiele an. Gebt den Spielerinnen die Wertschätzung, die sie verdienen. Dreistellige Zuschauerzahlen in der höchsten Spielklasse müssen der Vergangenheit angehören. Und unterstützt diejenigen, die sich für den Frauenfußball und die (mediale) Sichtbarkeit einsetzen. Es ist nicht alles kostenlos zu haben. Fernsehsender, Streamingdienste, Zeitschriften, Online-Magazine – sie alle brauchen Geld, um professionelle Berichterstattung ermöglichen zu können.

Es gibt viel zu tun. Die WM in Australien und Neuseeland hat aber gezeigt, dass es sich lohnt. Toller Fußball, tolle Tore, tolle Leistungen. Geben wir alle dem Frauenfußball die Wertschätzung, die er braucht.

Michael Rappe

Möchten Sie weiterhin Texte und Interviews wie diese lesen? Texte und Bilder kosten Geld. Wir freuen uns über einen kleinen freiwilligen Beitrag, damit wir weiter ohne Bezahlschranke Texte und Bilder veröffentlichen können. Falls Sie Paypal nicht nutzen können oder wollen, schreiben Sie uns einfach eine Mail an redaktion@fido.media. Auch eine Banküberweisung ist möglich. Vielen Dank!
     Unterstütze jetzt journalistische Qualitätsarbeit mit einer kleinen Spende über paypal.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

RSS
Mail
Instagram