19. März 2023

Stephan Lerch: „Platz drei nachhaltig angreifen“

Am Sonntagnachmittag feiert Stephan Lerch sein Debüt als Cheftrainer der TSG Hoffenheim. Im Baden-Derby beim SC Freiburg (16 Uhr, live bei Magenta Sport) geht es um wichtige Punkte im Kampf um Platz drei, dem Qualifikationsplatz für die Champions League. Für den 38-jährigen Darmstädter ist es die Rückkehr in den Frauenfußball, nachdem er im Sommer 2021 den VfL Wolfsburg nach dem Gewinn von vier DFB-Pokalsiegen und drei Meisterschaften verlassen hatte, um Juniorentrainer bei der TSG zu werden. Über seine Ziele mit den Hoffenheimer Frauen sprach Lerch mit FiDo-Chefredakteur Michael Rappe.

FiDo: Herr Lerch, am Montag standen Sie erstmals mit ihrem neuen Team auf dem Trainingsplatz. Was war das für ein Gefühl für Sie?

Stephan Lerch: Ich habe mich sehr darauf gefreut. Es war ein schönes Gefühl, auf dem Platz stehen zu können. Es freut mich sehr, dass ich die Mannschaft in absoluter Topform übernehmen darf.

FiDo: Ihre Vorgängerin Nadine Rolser hat eine tolle Serie hingelegt und wird nun wieder Co-Trainerin. Wie sehen Sie die Zusammenarbeit?

Mit Freude beim ersten Training: Hoffenheims neuer Cheftrainer Stephan Lerch. Foto: Uwe Grün

Lerch: Sie hat einen ganz starken Job gemacht, wenn man bedenkt, dass sie ins kalte Wasser geworfen wurde. Wir haben ja schon im U17-Bereich zusammengearbeitet. Sie ist sehr akribisch und es ist super, mit ihr an der Seite übernehmen zu dürfen.

FiDo: Sie waren die letzten Wochen schon in engem Austausch, insofern gibt es wahrscheinlich wenig signifikante Änderungen?

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Lerch: Ja, es wäre fatal, größer einzugreifen. Ich war sehr involviert, wir haben uns abgestimmt und wir ticken sehr ähnlich. Insofern ist es ein fließender Übergang.

FiDo: Am vorletzten Spieltag hat die TSG bei Ihrem Ex-Klub in Wolfsburg gewonnen. Wie werten Sie diesen Sieg?

Lerch: Ich habe mir das Spiel auf einer Auswärtsfahrt mit der U19 in Ingolstadt angeschaut und habe mitgefiebert. Das war vor allem in der zweiten Halbzeit eine sehr disziplinierte Leistung, offensiv auch mit guten Umschaltmomenten. Auf jeden Fall war das ein besonderer Sieg und eine Bestätigung von Nadines Arbeit.

FiDo: Nun geht es nach Freiburg, das vor Weihnachten noch vor der TSG lag und jetzt sieben Punkte zurückliegt. Wie sehen Sie die Ausgangslage im Kampf um Platz drei?

Lerch: Die Freiburger Niederlage in Essen hat mich etwas überrascht. Wenn wir dort gewinnen, ist es nur noch ein Zweikampf zwischen uns und Frankfurt. Das Ziel ist, dass wir unsere Hausaufgaben erledigen, sodass wir im direkten Duell mit Frankfurt am 1. April vorbeiziehen können. Wir wollen ein Highlightspiel in Frankfurt haben.

FiDo: Und wie sehen Sie die Chancen am Sonntag in Freiburg?

Lerch: Wir erwarten einen Gegner, der aggressiv auftreten und uns hoch anlaufen wird. Freiburg muss unbedingt punkten, um den Abstand auf die oberen Plätze zu verkürzen. Sie haben eine ähnliche Spielanlage wie wir, deshalb wollen wir dem Spiel den Stempel aufdrücken und die drei Punkte mitnehmen. Aber das wird alles andere als einfach.

FiDo: Das Restprogramm der TSG (in Freiburg, Frankfurt, Bayern) ist recht schwierig. Ist das ein Nachteil?

Lerch: Natürlich hätten wir gern noch ein Topspiel zu Hause gehabt, allein wegen der Atmosphäre. Aber wenn man um etwas spielt, spielt es nicht so die Rolle, ob man daheim oder auswärts antritt.

FiDo: Wolfsburg und Bayern sind derzeit das Maß aller Dinge in der Frauenfußball-Bundesliga. Glauben Sie, dass die TSG Hoffenheim diesen Abstand verkürzen kann?

Lerch: Noch sind Wolfsburg und Bayern in vielen Bereichen vorne. Aber irgendwann, das ist mein Ziel, wollen wir diesen Abstand zu den beiden Topteams dauerhaft verringern. Wir wollen den dritten Platz nachhaltig in Angriff nehmen. Der Wunsch international zu spielen, ist sehr groß. Auch dieses Jahr haben wir noch die Chance, das zu schaffen. Wenn das klappen würde, wäre das sensationell. Wenn nicht, geht die Welt aber nicht unter. Und es ist ein Ziel, auch mal nach Köln zum Pokalfinale zu kommen.

FiDo: Die Bedingungen für Frauen- und Mädchenfußball bei der TSG gelten durch das Förderzentrum in St. Leon-Rot als ideal. Wie ist das im Vergleich mit Wolfsburg?

Lerch: Hoffenheim ist mit diesem Trainingszentrum schon ganz gut dabei. Die Bedingungen sind wirklich gut und durchaus vergleichbar mit Wolfsburg. Dort stehen sie aber ausschließlich der Frauen-Profimannschaft zur Verfügung. Durch die vielen Teams bei der TSG stoßen die Räumlichkeiten manchmal schon an ihre Grenzen.

FiDo: Mit Katharina Naschenweng und Chantal Hagel verliert die TSG im Sommer wieder zwei Nationalspielerinnen an Bayern und Wolfsburg. Wie lässt sich das verhindern?

Lerch: Es ist natürlich ärgerlich, dass sie ablösefrei gehen können. Bei der Kaderplanung müssen wir noch besser werden und geschickt perspektivisch planen. Da ich in Doppelfunktion Trainer und Sportlicher Leiter für das Bundesligateam bin, werde ich das, gemeinsam mit Ralf Zwanziger, angehen. Wir sind bereits in intensiven Planungen und Gesprächen mit Beratern und Spielerinnen für die neue Saison. Zudem laufen derzeit Gespräche mit Spielerinnen, deren Verträge auslaufen.

FiDo: Doppelfunktion klingt nach einer sehr zeitraubenden Tätigkeit. Wieviel Zeit bleibt da für Privates?

Lerch: Fußball nimmt schon einen extremen Platz ein. Aber meine dreijährige Tochter hilft mir, gut abschalten zu können. In der Freizeit schwimme ich gerne und fahre Fahrrad.

Michael Rappe

Zur Person: Stephan Lerch

Geboren: 10. August 1984 in Darmstadt

Wohnort: Bensheim

Familienstatus: verheiratet, eine Tochter

Station als Spieler:

In der Jugend spielte Lerch für Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98, im Seniorenbereich von 2004 bis 2010 für den FC Alsbach-Hähnlein im Landkreis Darmstadt-Dieburg.

Stationen als Trainer:

2012/13 Trainer FC Alsbach Männer (Verbandsliga Hessen)

2013-2015: VfL Wolfsburg II (2. Bundesliga Nord Frauen)

2015-2017: Co-Trainer VfL Wolfsburg (Bundesliga)

2017-2021: Cheftrainer VfL Wolfsburg

2021- März 2022: Junioren-Trainer (U17, U19) TSG Hoffenheim (Junioren-Bundesliga)

Seit 13. März Cheftrainer der TSG Hoffenheim (Frauen-Bundesliga)

Erfolge:

Champions-League Finale 2018 (1:4 nach Verlängerung gegen Ol. Lyon), Champions-League-Finale 2020 (1:3 gegen Ol. Lyon)

Deutscher Meister: 2018, 2019, 2020

DFB-Pokalsieger: 2018, 2019, 2020, 2021

Michael Rappe

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