11. April 2023

Dzsenifer Marozsán: Die Technikerin mit dem goldenen Herzen

Am Dienstagabend verlässt eine ganz Große des deutschen Frauenfußballs die Länderspiel-Bühne. Dzsenifer Marozsan wird im Max-Morlock-Stadion zu Nürnberg gegen Brasilien zum letzten Mal im Adlertrikot auflaufen. Nicht von Anfang an, wie Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg vorab verraten hat, sondern in der zweiten Halbzeit soll sie eingewechselt werden. Im Verein möchte sie noch weiterspielen, doch die Zusatzbelastungen waren Marozsán, die am 18. April 31 Jahre alt wird, nach der Knieverletzung 2022 zu groß. Daher der Rücktritt im Februar und der Verzicht auf die WM im Sommer in Australien und Neuseeland.

Es wird ein emotionaler Abschied werden, bei ihr, aber auch bei den Mitspielerinnen. Ihre langjährige Wegbegleiterin Svenja Huth brachte dies schon im Vorfeld zum Ausdruck. „Wir haben in der U15 zusammen angefangen“, so Huth, „wir kennen uns jetzt rund 16, 17 Jahre. Sie ist ein ganz toller Mensch mit einem goldenen Herzen.“ Ihre spielerische Qualität würde nun fehlen, so Huth, und „als Mensch wird sie auch fehlen.“ Auch Merle Frohms und Sydney Lohmann gaben ihrer Wertschätzung Ausdruck. „Dzseni ist jemand, der technisch an Marta herankommt“, sagte Lohmann, „mit ihrer Spielintelligenz ist sie ein Verlust für uns. Für viele ist sie ein Vorbild gewesen.“ Torhüterin Merle Frohms erinnerte sich an ihr Debüt im Nationaldress. „Sie hat mich als Neuling herzlich begrüßt“, so die Wolfsburgerin. Marozsán sei auf und neben dem Platz ein „absolutes Vorbild“.

Dzsenifer Marozsán bei ihrer letzten Pressekonferenz vor einem Länderspiel.
Foto: DFB

Dzsenifer Marozsán ist bis heute die jüngste Bundesligaspielerin aller Zeiten. Am 19. August 2007 feierte sie im Alter von 15 ihr Bundesligadebüt beim 1. FC Saarbrücken. In Frankfurt begann sie dann ihre Weltkarriere.

Michael Rappe

In „FiDo“-Ausgabe Nr. 6 haben wir Dzsenifer Marozsán ausführlich porträtiert. Damals war sie von Olympique Lyon an den US-Klub OL Reign ausgeliehen. Wir stellen den Text hier kostenfrei zur Verfügung. Die vollständige Ausgabe mit Bildern können Sie hier für 2,50 Euro bestellen, und wer sich für andere ältere Ausgaben von „FiDo“, das zwischen August 2021 und März 2022 mit insgesamt 24 Ausgaben erschienen ist, interessiert, kann hier Ausgaben bestellen: https://fido.media/downloads/category/fido-einzelausgaben/

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Michael Rappe

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Porträt Dzsenifer Marozsán (aus „FiDo – Frauenfußball in Deutschland online“, Ausgabe Nr. 6 vom 21.09.2021)

Fußball in Amerika: „Da wird kein Bus geparkt“

Es ist eine andere (Fußball-)welt, die Deutschlands Mittelfeldstar Dzsenifer Marozsán derzeit in den USA erlebt. Seit dem Sommer ist sie von ihrem Verein Olympique Lyon zum Partnerverein OL Reign in Tacoma im Bundesstaat Washington ausgeliehen. Bis zum Jahresende wird sie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bleiben und dann nach Lyon zurückkehren.

In Deutschland und Europa hat Dzsenifer Marozsán (fast) alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Nur den deutschen Meistertitel hat sie nie errungen, und dann fehlt da noch die ganz große Krönung, der Gewinn der Weltmeisterschaft. 2011 im eigenen Land gehörte sie zwar zum erweiterten WM-Kader, erlitt aber kurz vorher einen Innenbandriss im rechten Knie und fiel aus. 2015 in Kanada wurde sie mit den DFB-Frauen Vierte und kam dabei trotz einer Sprunggelenksverletzung in fünf Spielen zum Einsatz. Und 2019 in Frankreich brach sie sich im ersten Spiel gegen China den Zeh, fiel bis zum Viertelfinale aus und schied dann mit der deutschen Elf durch das 1:2 gegen Schweden aus.

Nun hat die Qualifikation für die WM 2023 in Australien und Neuseeland begonnen. Bei diesem Turnier wird Marozsán bereits 31 Jahre alt sein, möglicherweise wird das also ihre letzte WM. Nach einer Pause kehrte die Mittelfeldregisseurin, die im September 2020 ihr 100. Länderspiel bestritten hatte, nun in die Nationalmannschaft zurück. Ihre Freude war groß. „Es ist immer mein Ziel, für meine Nation zuspielen“, sagte die in Budapest geborene Spielerin.

Groß war auch das Medieninteresse, insbesondere an ihren Erlebnissen in den USA. Marozsán musste sich an einen ganz anderen Fußball gewöhnen. Als klassische Nummer 10 war sie es stets gewohnt, dass die Angriffe über sie liefen. Ganz anders in der „NWSL“, der National Women’s Soccer League“.

„Es ist nicht der schönste Fußball, aber athletisch ein anderes Niveau“, erzählte Marozsán bei einer Presserunde vor dem Bulgarien-Spiel. „Der Ball geht oft übers Mittelfeld rüber und ich bekomme dann erst den zweiten Ball.“ Tief stehende Mannschaften gäbe es in den USA gar nicht, „da wird kein Bus geparkt, da geht es rauf und runter.“ Ihre Eindrücke von „NWSL“ sind sehr positiv, die Liga sei sehr ausgeglichen und jedes Spiel schwierig und spannend. „Ich bin nach jedem Spiel total am Limit, die Flüge dauern teilweise vier bis fünf Stunden, verschiedene Zeitzonen sorgen für unterschiedliches Klima.“ Die Playoffs mit OL Reign sind bereits erreicht. In einem Team mit der großen Meagan Rapinoe zu spielen, das ist für sie ein tolles Erlebnis. „Sie hat einen riesigen Charakter, ist sehr lustig und so etwas wie der Clown der Mannschaft“, berichtete Marozsán.

Ol Reign spielt in einem Baseball-Stadion und hat im Schnitt 3.000 bis 5.000 Zuschauer. Bei einem Spiel in Portland kamen – im Männer-Stadion – 27.000 Zuschauer. Das ist in Frankreich oder gar in Deutschland undenkbar. „In Frankreich gibt es meist zwei gut besuchte Spiele, sonst kommen auch wenig.“ Alle Spiele der „NWSL“werden live auf „twitch“ übertragen. „Ich würde auch gerne alle Bundesligaspiele schauen und habe versucht, Magenta Sport zu abonnieren.“ Aber das funktioniert in den USA nicht.

Und was ist noch anders in den USA? „Das Essen“, sagte Dzsenifer Marozsán und grinst. Aber ihre Eltern sind mit in den USA und „Mama kocht.“

Michael Rappe

Videolinks: https://www.youtube.com/watch?v=urDqls1J3tM&ab_channel=form.bar

Zur Person: Dzsenifer Marozsán

Geboren: am 18. April 1992 in Budapest

Größe: 1,71 m

Position: Mittelfeld  

Sportliche Stationen:

Juniorinnen:

1996 – 2003:   DJK Burbach

2003 – 2007: 1. FC Saarbrücken

Frauen:

2007 – 2009:   1. FC Saarbrücken (38 Spiele/13 Tore)

2009 – 2016:   1. FFC Frankfurt (133/41)

Seit 2016:       Olympique Lyon (von Sommer 2021 bis Jahresende 2021 leihweise bei OL Reign/USA)

Spiele und Tore:

A-Nationalmannschaft: 111 Spiele/33 Tore

Bundesliga: 152 Spiele/44 Tore

DFB-Pokal: 24 Spiele/10 Tore

Erfolge:

Olympiasiegerin 2016

Europameisterin 2013

U20-Weltmeisterin 2010

Champions-League-Siegerin 2015, 2017, 2018, 2019, 2020

DFB-Pokalsiegerin 2011, 2014

Französische Meisterin 2017, 2018, 2019, 2020

Französische Pokalsiegerin 2017, 2019, 2020

Französische Supercupsiegerin 2019

Auszeichnungen:

Europas Mittelfeldspielerin des Jahres 2020

All-Star-Team der EM 2013

Deutschlands Fußballerin des Jahres 2017, 2018, 2019

Fußballerin des Jahres (Version UNFP) 2017, 2018, 2019

Frankreichs Fußballerin des Jahres 2018, 2019

IFFHS-Welt-Spielmacherin 2016, 2018, 2020

(Quelle: Wikipedia)

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