Letzter Spieltag in der Frauen-Bundesliga – alle Partien finden zeitgleich am Sonntag um 14 Uhr statt. In Wolfsburg wird nach der Partie der Meister geehrt, aber zwei Entscheidungen sind noch offen. Wer wird Dritter und wer steigt neben Carl Zeiss Jena ab? Turbine Potsdam, Eintracht Frankfurt oder gar doch noch die TSG Hoffenheim? Eines dieser Teams wird am gegen 15.45 Uhr den Einzug in die Champions-League-Qualifikation schaffen. Die Partie von Hoffenheim gegen Sand ist doppelt interessant, denn hier brauchen beide Teams für das Erreichen ihrer Ziele einen Sieg. Wenn jedoch die SGS Essen gegen Jena einen Punkt holt, ist der Abstieg von Sand besiegelt.
Hier die ausführliche „FiDo“-Vorschau auf den letzten Spieltag.
VfL Wolfsburg: Die Meisterschale wartet
Noch ein Spiel in der Bundesliga und am 28. Mai das Pokalfinale gegen Potsdam – dann ist eine ganz erfolgreiche Saison für den VfL beendet. Nach der Partie gegen Leverkusen gibt es am Sonntag gegen 15.45 Uhr die ersehnte Meisterschale. DFB-Präsident Bernd Neuendorf höchstpersönlich wird den Spielführerinnen die 7,1 Kilogramm schwere Trophäe überreichen. 17 Wölfinnen werden zum ersten Mal in diesen Genuss kommen. Vor der Partie werden die VfL-Urgesteine Anna Blässe und Almuth Schult sowie Lotta Cordes, Turid Knaak und Shanice van de Sanden offiziell verabschiedet.
Auch für Tommy Stroot war es die erste Meisterschale, zumindest in Deutschland. „Ein Titel ist auch ein Feedback, dass man es nicht so schlecht macht“, sagte Stroot in einer Medienrunde am Freitag. Jede Meisterschaft sei anders. In Holland war es für ihn der erste Landestitel, da war das Team von Twente Enschede Außenseiter, eigentlich nur die Nummer drei in der Liga. Über das mögliche Double aus Meisterschaft und Pokalsieg wollte er noch nicht nachdenken. „Ich genieße vor allem den Weg, die kleinen Schlüsselmomente, das macht mir viel Freude. Ich freue mich, wenn die Mannschaft auf dem Platz die richtigen Entscheidungen trifft.“ Stroot war beeindruckt, wie das Team am Donnerstag im Training auftrat. Da war von Nachlassen in der Motivation und im Engagement nichts zu spüren. Auch gegen Leverkusen soll unbedingt ein Sieg gelingen. „Für uns gilt es, das 1:1 aus dem Hinspiel geradezurücken und gegen jeden Gegner in der Liga mindestens einmal gewonnen zu haben“, meinte Stroot.
Bayer Leverkusen: Platz sieben verteidigen
Mit dem Spiel bei Meister Wolfsburg endete für Bayer Leverkusen eine Saison, deren Rückrunde (bisher sieglos) unbefriedigend verlief. „Wir hatten uns punktetechnisch etwas mehr von der Saison erhofft. Wir haben in der Rückrunde zu viele Zähler liegenlassen. Am Ende ist nicht nur die Platzierung entscheidend, sondern auch, wie viele Spiele man für sich entscheiden konnte. Und das war für unsere Zielsetzung zu wenig“, sagte Trainer Achim Feifel. Nun soll wenigstens noch Platz sieben verteidigt werden, auch wenn dazu vermutlich Schützenhilfe des SC Freiburg nötig ist. Oder Bayer überrascht in Wolfsburg, so wie im Hinspiel beim 1:1. Feifel erwartet „einen hoch motivierten Gegner, der seinen Fans ein ansehnliches, vielversprechendes Heimspiel liefern will.“
Auf das letzte Spiel müssen verletzungsbedingt Juliane Wirtz und Chiara Bücher verzichten, die wegen muskulärer Probleme nicht mitwirken können. Weiterhin verletzt sind Anna Klink, die sich den Mittelhandknochen angebrochen hatte, und die langfristig ausfallende Verena Wieder (Kreuzbandriss). Nina Brüggemann wird wegen Trainingsrückstand nach ihrer Corona-Erkrankung am Sonntag ebenfalls nicht zum Einsatz kommen.
Bayern München: Abschied von Jens Scheuer und vier Spielerinnen
Nach einer Saison ohne Titel gab der FC Bayern am Donnerstag die einvernehmliche Trennung von Trainer Jens Scheuer bekannt. Abteilungsleiterin Karin Danner sagte dazu: „Wir möchten uns im Namen des FC Bayern München herzlich bei Jens Scheuer für die geleistete Arbeit in den vergangenen drei Jahren bedanken. Er hat aufgezeigt, was mit unserer Frauenmannschaft möglich sein kann. Vor allem bedanken wir uns für den Gewinn der deutschen Meisterschaft in der Saison 2020/21, was in einer sehr herausfordernden Spielzeit gelungen ist.“ Jens Scheuers Kommentar lautete: „Ich wünsche dem FC Bayern alles Gute und bedanke mich für eine spannende, intensive und erfolgreiche gemeinsame Zeit als Cheftrainer der Frauenabteilung.“
Mit dem Spiel gegen Turbine Potsdam verabschieden sich drei Spielerinnen aus München. Der Wechsel von Marina Hegering nach Wolfsburg war bereits bekannt. Außerdem werden Lineth Beerensteyn und Viviane Asseyi den Klub verlassen. Zudem wird die an den 1. FC Köln verliehene Kristin Demann nicht zurückkehren.
Turbine Potsdam: Spiel um alles in München
Im Hinspiel erreichte Turbine gegen Bayern ein 1:1, das wäre in München ein sehr gutes Ergebnis, dürfte aber wohl nicht reichen. Es sei denn, Bremen leistet Schützenhilfe in Frankfurt. Ein Sieg würde Potsdam auf jeden Fall in die Champions-League-Qualifikation bringen, da das Torverhältnis deutlich besser als das der Hessinnen ist.
„Uns erwartet uns ein entscheidendes und schweres letztes Spiel der Saison. Wir wollen alles dafür geben, die drei Punkte und damit die Champions-League-Qualifikation zu erreichen. Dafür wollen wir als Team ab der ersten Minute entschlossen und aggressiv auftreten. Ich freue mich auf ein spannendes letztes Spiel der Liga und hoffe, dass wir uns für die gute Saison belohnen“, sagte Anna Gerhardt. Trainer Sofian Chahed fordert „mutig und aktiv zu sein, um etwas Zählbares mit nach Potsdam nehmen zu können.“
Eintracht Frankfurt: Der Traum von Europa lebt
„Unser Traum von Europa lebt“, sagte Sportdirektor Siegfried Dietrich in dieser Woche. Mit einem Sieg gegen Werder Bremen würde er erfüllt, sofern Potsdam nicht in München gewinnt. „Jetzt gilt es, den letzten wichtigen Schritt auf dem Weg in die europäische Königsklasse zu gehen und Historisches zu schaffen“, so Dietrich. Doch erst einmal gilt es die unbequemen Bremerinnen zu schlagen. Diese sind zwar offensiv weitgehend ungefährlich, stehen aber meist kompakt und agieren sehr zweikampfstark. „Gegen Bremen heißt es, die wenigen Chancen, die sie zulassen, zu nutzen. Wir müssen unser Spiel durchdrücken, mit Frische und Spaß auftreten und zeigen, was wir können“, meinte Kapitänin Tanja Pawollek. „Wir haben das ganze Jahr hart für diesen Moment geschuftet und gute Arbeit geleistet. Wir müssen nun unsere Hausaufgaben machen und werden dann sehen, was bei rauskommt. Es würde der ganzen Mannschaft unglaublich viel bedeuten, wenn wir die Saison auf dem dritten Platz beenden würden.“ Wie zuletzt werden mit Ausnahme der Langzeitverletzten sowie Alexandra Johannsdottir, die bis zum 30. Juni an den isländischen Erstligisten Breidablik Kópavogur verliehen wurde, alle Adlerträgerinnen zur Verfügung stehen.
Werder Bremen: Gute Erinnerungen
Gute Erinnerungen an das Hinspiel haben die Werder-Frauen. Das gewannen sie nämlich mit 1:0, einer von nur vier Siegen in dieser Saison. Michelle Ulbrich verwandelte damals einen Foulelfmeter. In Frankfurt gab es allerdings noch nie einen Punktgewinn. Im Kader wird es keine wesentlichen Veränderungen geben. Trainer Thomas Horsch kann auf das Team der letzten Wochen zurückgreifen.
TSG Hoffenheim: Nicole Billa verlängert bis 2024
Die erfreulichste Nachricht dieser Woche kam am Freitag. Torjägerin Nicole Billa hat ihren Vertrag vorzeitig bis 2024 verlängert. Die Freude in Hoffenheim ist riesengroß. „Ihre vorzeitige Vertragsverlängerung spricht für die starke Entwicklung des Vereins zu einer der Top-Adressen im europäischen Frauenfußball“, sagte Abteilungsleiter Ralf Zwanziger zu diesem Coup. Seit sieben Jahren spielt die österreichische Nationalstürmerin für die TSG und hat seitdem in 163 Spielen 87 Tore geschossen (74 in der Bundesliga, neun im DFB-Pokal und vier in der Champions League. Für Österreich war die Kufsteinerin in 77 Länderspielen 42mal erfolgreich. 2021 war sie Bundesliga-Torschützenkönigin und wurde sowohl in Deutschland als auch in Österreich Fußballerin des Jahres. „Ich fühle mich im Verein und auch in der Region sehr wohl“, begründete Billa ihren Verbleib.
Am Sonntag möchte sie mit dazu beitragen, dass ihr Team die minimale Chance auf Rang drei noch nutzt. Dazu ist ein möglichst hoher Sieg gegen den SC Sand nötig. Sollte Potsdam in München mit einem Tor verlieren, müsste die TSG mit dreien gewinnen. Dann wäre sie mit Potsdam punkt- und torgleich, hätte aber (voraussichtlich) mehr Tore geschossen. Zudem müsste Frankfurt gegen Bremen verlieren. „Es müsste schon ein Wunder geschehen“, sagte Trainer Gabor Gallai. Neben Jule Brand werden vor der Partie drei weitere Akteurinnen verabschiedet.

SC Sand: Eher geringe Chancen
Ein eigener Sieg in Hoffenheim und eine Niederlage von Essen daheim gegen Absteiger Jena: Nur dann würde der SC Sand erstklassig bleiben. „Ehrlich gesagt freue ich mich jetzt auf dieses Finale. Wir wissen zwar, dass unsere Chancen eher gering sind, im Fußball hat es aber schon die verrücktesten Dinge gegeben“, sagte Sands Sportlicher Leiter, Sascha Reiß. Er traut der Mannschaft einen Sieg im Kraichgau zu und ist auch davon überzeugt, dass Jena Essen schlagen kann. „Jena hat in Bremen gewonnen und sie spielen am Sonntag gegen den Drittletzten, nicht gegen Bayern München, wieso sollen die nicht gewinnen?“, frage Reiß. „Ich möchte nicht in der Haut der Essenerinnen stecken, sollten wir in Hoffenheim führen und es dort noch 0:0 steht.“
SGS Essen: Alles in eigener Hand
Das hätte sich die SGS Essen sicher nicht träumen lassen, dass sie am letzten Spieltag noch um den Ligaverbleib zittern muss, aber immerhin hat sie alles in eigener Hand. Ein Unentschieden gegen Carl Zeiss Jena genügt, es sei denn, in Hoffenheim würden ganz verrückte Dinge passieren und der SC Sand gewinnt dort mit achten Toren. „Wir wollten es vermeiden, dass wir gegen Jena unbedingt punkten müssen, aber jetzt ist das nun mal so. Wir nehmen es so an und werden positiv in das Spiel gehen“, sagte Trainer Markus Högner. Zu viele Fehler in vielen entscheidenden Momenten, zu wenig Konstanz in vielen Begegnungen und zum Teil sehr gute unbelohnte Leistungen in den Spielen gegen Topteams – das kennzeichnet die SGS-Saison mit bisher nur drei Siegen. Sicherlich wird auch der Draht nach Hoffenheim zum Spiel des Konkurrenten Sand glühen. „Aber wir wollen nicht auf andere schauen. Wir konzentrieren uns nur auf uns, um das Ding am Sonntag klar zu machen“, so Markus Högner. Personell sieht es gut aus, alle sind fit.
Carl Zeiss Jena: Anne Pochert verabschiedet
Ein besonderes Spiel liegt insbesondere vor Anne Pochert: Seit 2004 in Jena, seit 2020 Cheftrainerin beim FCC, wartet in Essen der letzte Einsatz an der Seitenlinie. Die 36-Jährige gab vor wenigen Wochen ihren Abschied im Sommer bekannt, mittlerweile steht auch ihr
neuer Klub fest: Ab Juli übernimmt sie den Schweizer Erstligisten Grashopper Club Zürich. Nach ihrem letzten Training am Freitag wurde die Trainerin gemeinsam mit Co-Trainer Christoph Schliewe verabschiedet. „Ich habe mir die Entscheidung nicht leichtgemacht, da ich mit der Stadt viel verbinde und sie mich zu der Person gemacht hat, die ich heute bin“, so Pochert, die das Ausland sehr reizt.
Ebenso fest steht der Abschied von Rita Schumacher: Die im Sommer 2021 von Wolfsburgs U20 zum FCC gewechselte Stürmerin wechselt nach Österreich zum SKN St. Pölten. Pocherts Nachfolger Steffen Beck kann auf zahlreiche Spielerinnen des aktuellen Teams setzen: Die Verträge von Johanna Wende, Svenja Paulsen, Sophie Walter, Annalena Breitenbach, Anja Heuschkel, Luca Birkholz, Lisa Gora, Any Adam, Hannah Mesch, Samira Sahraoui und Hanna Sas laufen weiter; Laura Kiontke hat ihr neues Arbeitspapier bereits unterzeichnet. Weitere Gespräche laufen auf Hochtouren.

Foto (Karim El Boujdaini): FCC-Sportdirektor Tobias Werner, Co-Trainer Christoph Schliewe, Trainerin Anne Pochert, Geschäftsführer Chris Förster.
1. FC Köln: Abschied nach 20 Jahren
20 Jahre Bundesliga – was für eine Karriere. Peggy Kuznik hat am Sonntag im Heimspiel gegen den SC Freiburg ihren letzten Auftritt in der Bundesliga. „Ich bin dankbar, dass ich 20 Jahre lang ein Teil der Bundesliga sein durfte. Das ist eine sehr lange Zeit“, sagt Kuznik rückblickend. „Ich hatte so viele schöne Momente in meiner Karriere, deswegen wird der Abschluss meiner Laufbahn durch die Erinnerungen daran mit Sicherheit am Sonntag auch emotional werden.“ Natürlich wünscht sie sich eine ansprechende Kulisse und mit einem bunten Rahmenprogramm stehen die Chancen dafür nicht schlecht. Zu gerne würden die FC-Frauen den bisherigen Zuschauersaisonrekord von 1.679 brechen. „Das hätten sich unsere Mädels nach dieser tollen Saison verdient“, sagte Nicole Bender. Der FC-Kidsclub hat verschiedene Attraktionen organisiert, dazu zählen Fußballdarts, eine Hüpfburg, eine Torwand und weitere Stände. Außerdem wird der Kidsclub-Hennes dabei sein.
Nach Lotta Cordes, Andrea Gavric und Sarah Puntigam ist die Amerikanerin Genessee Daughetee der vierte Neuzugang. Die Außenverteidigerin spielte zuletzt für den französischen Erstligisten Dijon FCO und hat einen Vertrag bis 30. Juni 2024 unterschrieben.
SC Freiburg: Riesengroße Mentalität
Der sechste Platz ist sicher, und doch haben die SC-Frauen noch Ziele für das letzte Saisonspiel. „Wir wollen die Saison mit einem Sieg abschließen, Köln will das auch und noch einen Rang nach oben klettern“, sagte der scheidende Trainer Daniel Kraus, der sich vor allem mit der Rückrunde zufrieden zeigte. „Unsere Mannschaft hat eine riesengroße Mentalität und den Hunger, sich stetig zu entwickeln. Das hat uns über die Saison hinweg immer besser gemacht“, so Daniel Kraus. Im Hinspiel gab es nach 0:2-Rückstand in letzter Minute noch ein 2:2 für sein Team.
Michael Rappe